Im Sommer 1998 hatte ich mich auf die Suche nach einem neuen Thema für
einen Roman begeben. In jenen Tagen traf ich zufällig einen Verwandten,
der als Antiquar tätig geworden war. Er lud mich ein, seine neuen Geschäftsräume
zu besuchen und ich tat ihm diesen Gefallen. Als ich das Gemälde von
Novazio sah, wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass ich daraus eine
Geschichte entwickeln würde, denn oft erscheinen uns die Personen oder
Gegenstände, die bedeutend für unser Leben werden, auf den ersten
Blick nichtssagend oder fremd. Ich erinnere mich, es an einen anderen
Ort gestellt zu haben, um es besser
betrachten zu können, wobei ich darauf achtete, mich nicht an den
verrosteten Nägeln zu verletzen, die aus dem kaputten Rahmen
herausragten. Das Bild war großflächig beschädigt, jedoch das Datum
1544 und der mir genannte Preis überzeugten mich zum Kauf. Der
Restaurator, Massimo Facchini, dem ich es gleich darauf anvertraute,
fand hinter einer Querstrebe einen autobiographischen Brief des Malers,
den ich bei dem international angesehenen Kalligraphen Brody
Neuenschwander authentifizieren liess. Der Titel, Mutter aller Menschen
[MADRE DI TUTTI], den ich dem Gemälde gegeben habe,
ist mir vom Inhalt des Briefes suggeriert worden. Ich bin
sicher, dass die Besuchern genauso verblüfft sein werden, wie ich es war und
heute noch bin.
die
Einzelheiten
Die Fotos des Gemäldes sind von Damiano Morandini.
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